FACHTAGUNG: NEBENAN ANGEKOMMEN – ENGAGEMENT & KOOPERATIONEN

22. November 2019 | 14:00 - 17:30 Uhr | Collegium Maius Erfurt

Am 22. November 2019 fand der erste Fachtag des Netzwerkes nebenan angekommen im Collegium Maius in Erfurt statt. Anlass hierfür war die Veröffentlichung des Evaluationsberichtes zum Thüringer Engagementfonds von Professor Doktor Ulrich Lakemann der Ernst-Abbe-Hochschule Jena.

Eröffnet wurde der Fachtag mit einem Grußwort durch die Stiftungsratsvorsitzende der Thüringer Ehrenamtsstiftung, Frau Heike Werner. Sie nutzte die Gelegenheit den rund 100 Gästen unter welchen sich zahlreiche Ehrenamtliche aus ganz Thüringen befanden, ausdrücklich für ihr unermüdliches Engagement in der Geflüchteten- und Integrationshilfe zu danken. Ebenso zeigte sie sich gespannt auf die darauf folgende Präsentation der Forschungsergebnisse durch Professor Doktor Ulrich Lakemann.

Präsentation der Evaluation

Seit über 20 Jahren befasst sich Professor Lakemann aus sozialwissenschaftlicher Perspektive mit dem Thema bürgerschaftliches Engagement und Sozialplanung.
Für die sechsmonatige Forschung am Thüringer Engagementfonds führte er an den acht Projektstandorten in Nordhausen, Mühlhausen, Eisenach, Erfurt, Gera, Hildburghausen, Saalfeld und Schleiz Interviews mit allen Ansprechpartnerinnen und -partnern durch. Seine Erkenntnisse stellte er zum Fachtag unter dem Titel Engagement und Kooperationen den Gästen vor.

 

 

 

 

 

 

 

Zu den Wirkungsimpulsen des Projektes nebenan angekommen gehören seiner Meinung nach besonders die Herbeiführung und Stärkung erster Kontakte zwischen Einheimischen und Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, welche als Basis für freundschaftliche Beziehungen und gemeinsame Aktivitäten, auch im privaten Umfeld, angesehen werden. So steht nicht nur die Sensibilisierung der in Deutschland ansässigen gemeinnützigen Unterstützungsstrukturen für Geflüchtete und Migranten im Mittelpunkt, sondern ebenso deren Potentiale individueller Hilfen bei Problemen im Alltag sowie eine gemeinsame Freizeitgestaltung mit Menschen, die sich vertrauen und in einzigartiger Weise zusammenhalten.
Des Weiteren finden bei den ehrenamtlich Engagierten sowie den Neuzugewanderten Lernprozesse in Bezug auf kulturelle Spezifika und Wertevorstellungen statt.

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Projekt mit seinem landesweiten Netzwerk aus Ansprechpartnerinnen und -partnern kennzeichnet außerdem nach Ansicht Professor Lakemanns eine stets professionelle Begleitung, Unterstützung sowie Anerkennung von Organisationen und Initiativen, die in den meisten Fällen über Gebietskörperschaften hinaus wirkt. Zusätzlich werden die Netzwerkbeziehungen der Ansprechpartnerinnen und -partner vor Ort als sehr zahlreich und zuverlässig eingeschätzt, welche durch eine Trägervielfalt gekennzeichnet sind und regelmäßige Gelegenheiten zu Austausch, Vernetzung und Weiterbildung bereithalten.
Da das Ehrenamt in der Geflüchteten- und Migrationshilfe oftmals vor einem starken Legitimationsdruck gegenüber Bekannten oder gar Familienmitgliedern steht, ist eine landesweit mit der Thüringer Ehrenamtsstiftung koordinierte Kultur der Würdigung und Wertschätzung unbedingt auch in Zukunft beizubehalten und auszuweiten.

 

 

 

 

 

 

Der Thüringer Engagementfonds wird somit als Meilenstein in der Integration von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte im Bundesland angesehen.
Neben diesen Erkenntnissen aus drei Jahren Thüringer Engagementfonds wurden ebenso konkrete Handlungsempfehlungen durch Professor Lakemann formuliert. So lautet seine zentrale Empfehlung, die erfolgreiche Netzwerkarbeit mit bisher über 400 Integrationsprojekten von mehr als 200 Initiativen, Vereinen, Verbänden und Kirchgemeinden in Thüringen, unbedingt fortzusetzen und an neuen Standorten auszubauen.

 

 

 

 

 

 

 

Des Weiteren ist der bürokratische Aufwand in der Projektförderung der lokal agierenden Träger wie bereits in den Vorjahren möglichst gering zu halten und die Thüringer Ehrenamtsstiftung in ihren Funktionen als Impulsgeberin, Netzwerkerin und fachliche Beraterin auf den Feldern des bürgerschaftlichen und ehrenamtlichen Engagements zu bestärken.
Die Evaluation kann auf Anfrage als Druckexemplar bei der Thüringer Ehrenamtsstiftung angefordert werden und steht ebenso als kostenfreier Download auf dieser Homepage bereit.

Podiumsdikussion - Sind wir nebenan angekommen?

In der anschließenden Podiumsdiskussion, welche von Haupt- und Ehrenamtlichen besetzt war, wurde auch in Bezug auf die Forschungsergebnisse der Frage nachgegangen:
Sind wir nebenan angekommen?

Im Podium beteiligt waren:

  • Nasser Kassab, ehrenamtlich engagiert in Eisenach
  • Christiane Brandt, Arbeiter-Samariter-Bund Kreisverband Sömmerda e. V.
  • Elisa Meißner, Projektpartnerin Standort Hildburghausen
  • Mirjam Kruppa, Thüringer Beauftragte für Integration, Migration und Flüchtlinge sowie
  • Brigitte Manke, Geschäftsführerin der Thüringer Ehrenamtsstiftung

 

 

 

 

In Bezug auf die Kernfrage fielen die Antworten der Teilnehmenden unterschiedlich aus. Zum einen wurde durch die Beleuchtung von individuellen Werdegängen Neuzugewanderter zugestimmt. Dabei konnten Parallelen zu den Forschungsergebnissen von Professor Lakemann gezogen werden: die Knüpfung erster Kontakte und Beziehungen zu Einheimischen fand durch das Sammeln ehrenamtlicher Erfahrungen statt und bildete ein Netzwerk der langfristigen Unterstützung, beispielsweise in der Wohnungs- und Arbeitssuche sowie Ausbildungsfindung. Zum anderen waren sich die Teilnehmenden einig, dass Integration nicht in Jahren, sondern in Generationen gedacht werden müsse und daher eine langfristigere Unterstützung und Förderung der Akteure unabdingbar für verlässliches Wirken sei.

 

 

 

 

 

Das Projekt nebenan angekommen schätzten alle Teilnehmenden im Sinne der Integrationsförderung auf Augenhöhe für ein verständnisvolles, freundliches und tolerantes Miteinander als zukunftsweisend ein.
Weitere Themen im Podium waren die Entstehungsgeschichte des Projektes nebenan angekommen, die Motive ehrenamtlichen Engagements für Geflüchtete, das Einleben in Deutschland sowie das Agieren der Verwaltungsstrukturen auf institutioneller Ebene im Bereich Integration und Migration.

 

 

Das Praxisprojekt

Den Abschluss des Programmes bildete ein Vortrag von ehrenamtlich Engagierten des Projekets: Gemeinschaftsgarten für Geflüchtete und Migranten aus Weimar-Taubach.  Zwischen April und Oktober treffen sich hier in der Kleingartenanlage „An der Lehmgrube“ wöchentlich etwa 10 bis 12 Personen verschiedener Herkunftsländer und -geschichten, um gemeinsam die gepachteten Gärten zu bewirtschaften, zu pflegen und zum Mittelpunkt für Begegnungen in lockerer Atmosphäre zu machen. Die Wintermonate werden nach Auskunft der Ehrenamtlichen für die Planung der nächsten Gartensaison in den Räumlichkeiten der Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde Weimar genutzt, welche das Projekt auch in der Trägerschaft hat.

Fazit des Tages

Für die aus allen Regionen Thüringens angereisten Gäste bot der Nachmittag ebenso gute Gelegenheiten sich kennenzulernen, Ideen zu besprechen und sich zu vernetzen. Mit großer Aufgeschlossenheit kamen sie beispielsweise im eigens für den Tag eröffneten Café nebenan angekommen zusammen, ließen sich vom Fotografen Christoph Blankenburg mit Botschaften zum Thema Ehrenamt festhalten und informierten sich neugierig an den Ausstellerständen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Als Fazit des Tages ist sehr deutlich geworden, dass das Projekt nebenan angekommen fortgesetzt werden muss. Integration ist nicht in 3 Jahren vollzogen und gestaltet sich in Abhängigkeit von Alter, Geschlecht, Herkunft, Erwerbsstatus, Sprachkenntnissen und vielen weiteren individuellen Ausgangssituationen leichter oder schwerer und bedarf kontinuierlicher Beratung und Wertschätzung. Was dafür gebraucht wird sind auch in Zukunft verlässliche, vertrauensvolle Strukturen in Verbindung mit einer soliden Finanzierung und Zusammenarbeit auf Augenhöhe.

Wir brauchen Engagement und Kooperationen!

Der Fachtag „NEBENAN ANGEKOMMEN-Engagement und Kooperationen“ wurde moderiert durch Nicole Päsler (Integrationsmanagerin der Stadtverwaltung Eisenach und Projektpartnerin im Netzwerk nebenan angekommen) und musikalisch durch das Duo Ida Popezko begleitet. Die Erkenntnisse und Themen des Fachtages wurden durch das Graphic Recording von Stefan Kowalczyk auch visuell festgehalten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Thüringer Ehrenamtsstiftung und das Netzwerk nebenan angekommen bedanken sich herzlich bei allen Mitwirkenden des Programms, Helfern und Gästen für diesen gelungenen, ergebnisreichen Fachtag! Die Meinungen, Gespräche sowie neu entstandenen Kontakte werden die Projektplanungen ab 2020 inhaltlich und organisatorisch bereichern.